TF MAPPING

Tunnel Oranienburger Straße 13


auch: Becker-Tunnel, Tunnel 28
Ost-West Tunnel
Länge: ca. 30 m
Ziel: Parkgelände in Frohnau

Auf die open-streetmap - Karte wurden die
früheren Grundstücksgrenzen und Gebäude projiziert.
Mauerverlauf und Beckersches Grundstück sind rot markiert.
„Flüchtlinge kamen wie Maulwürfe. Massenflucht durch Tunnel nach West-Berlin- 14 Tage gebuddelt“, titelte die amerikanische Nachrichtenagentur UPI am 24. Januar 1962. Heute ist nichts mehr zu erkennen vom 27 Meter langen Tunnel der Beckerbrüder. Parkbänke vor einem Einkaufszentrum säumen heute die Straße, an der während der innerdeutschen Teilung mindestens zwei Tunnel Richtung Westberlin gegraben wurden. Einer von ihnen ist der sogenannte Becker Tunnel, oder Tunnel 28. Seit dem 18. Dezember 1961 gruben die Brüder Bruno, Erwin und Günther Becker aus dem Keller ihres Wohnhauses in der Oranienburger Straße (heute Oranienburger Chaussee) einen Schacht. Dieser verlief einen Meter unter der Erde, in direkter Nähe zum Patrouillenweg der Grenzposten. Damit diese den Tunnelbau nicht bemerkten, baute der gelernte Elektriker Bruno Becker eine Beleuchtung im Tunnel. Die Mutter Gerda Becker konnte mit Ausschaltung des Lichtes vor einer Gefahr warnen. Um den Sand, der bei der Grabung anfiel, unbemerkt zu verstecken, fertigten sie im Keller Verschläge an. Zwei Tage nach Baubeginn ist ein Teil des Tunnels eingebrochen und mit ihm ein Zaunpfahl. Die Becker Brüder konnten den Schaden jedoch unbemerkt beheben und setzen ihren Bau fort. Je länger der Tunnel wurde, desto schwieriger wurden die Bedingungen: Die Luft wurde knapper und das Material zum Stützen des Stollens ging aus. Am 23. Januar 1962 fanden sich 28 Personen im Familienhaus der Beckers zusammen, alle mit derselben Intention: zu flüchten. Am Morgen des nächsten Tages stieg als Letzte eine 71- jährige Frau aus dem Tunnelloch im West-Berliner Bezirk Frohnau. Wenige Stunden nach der Flucht informierte eine Frau, die über Familie Becker wohnte, das Ministerium für Staatssicherheit von dem Leerstand des Hauses. Wegen der gelungenen Flucht wurde die Grenze an der Oranienburger Straße stärker bewacht und im Herbst 1963 im Zuge des Ausbaus der Grenzanlagen die Wohnhäuser abgerissen. Somit kann man heute nur noch erahnen, wo das Haus der Familie Becker mal gestanden hat.












Rechts: Blick von der ungefähren Lage des Beckerschen Hauses in Richtung Westen nach Frohnau. Tobias Schmidt, 2012.


Quelle:
Fluchtziel: Berlin-Reinickendorf. Zur Geschichte der Teilung Berlins in der Zeit des Kalten Krieges. Heimatmuseum Reinickendorf. Berlin, 2009.
Birnie, William A.H., 1962, Durch den Tunnel nach West-Berlin, readers digest 10/1962

Text: Christina Koch